Gewinnspiele Rechtsfragen Verkaufsförderung

Zum Kopplungsverbot bei Gewinnspielen

Von Gewinnspielen und Goldbären

Mit einer spannenden Frage zum sogenannten „Kopplungsverbot bei Gewinnspielen“ hatten sich in jüngster Vergangenheit das OLG Köln und der BGH zu beschäftigen.

Was ist geschehen?

Zu beurteilen war eine Fernsehbewerbung eines Gewinnspiels des Süßwarenherstellers Haribo mit seinem bekannten Werbegesicht Thomas Gottschalk. Haribo sagte jedem Käufer von mindestens fünf seiner Produkte die Teilnahme an einem Gewinnspiel zu, bei welchem es 100 „Goldbärrenbarren“ im Wert von je 5.000 Euro zu gewinnen gab. Zur Teilnahme bedurfte es der Einsendung des Original-Kassenbelegs durch den Kunden. In der Werbung begegnete Gottschalk zwei Familien mit Kindern im Supermarkt und erläuterte den Teilnahmemechanismus. Zudem bestätigte er nach Aufforderung, dass die Gewinnchancen mit dem Kauf mehrerer Haribo Produkte ansteige, da man auch mehrere Belege einsenden könne.

In der Grundsatzproblematik geht es um das in der Vergangenheit jahrzehntelang in Deutschland bestehende Kopplungsverbot bei Gewinnspielen. Deutsche Gerichte beurteilten es als generell unzulässig, den Erwerb einer Ware zur Bedingung der Teilnahme an einem Gewinnspiel zu machen. Grund hierfür seien die aleatorischen Reize eines Gewinnspiels zur Absatzförderung. Der EUGH entschied jedoch 2010, dass ein solches pauschales Verbot mit den europarechtlichen Vorgaben der UGP Richtlinie (2005/29/EG) unvereinbar sei. Vielmehr müsse stets eine Beurteilung des Einzelfalls stattfinden, indem die Kopplung auf übertriebene Anlockwirkung und Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt überprüft werde.

Das OLG Köln sah hier die genannte Sorgfalt als nicht eingehalten und die Werbung als unzulässig an. Maßgebliches Kriterium zur Einhaltung der Sorgfalt sei die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers. Dieser dürfe nur insoweit beeinflusst werden, als die Rationalität seiner Nachfrageentscheidung nicht vollständig in den Hintergrund gerate. Soll heißen: es erfolgt eine „Gegenüberstellung“ der emotionalen Einwirkung auf den Kunden mit seiner objektiv zu bewertenden Kaufentscheidung. Da sich Kinder mangels Lebenserfahrung vermeintlich leichter beeinflussen lassen als Erwachsene, sah das OLG hier eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Kinder als gegeben und die Werbung insgesamt als unzulässig an. Gerade Kinder könnten Werbung nicht ausreichend kritisch bewerten, so die Richter. Die vorliegende Form der Darstellung seitens Haribo lasse diesen Schluss eindeutig zu. Die Suggestion gegenüber den Kindern, durch den Kauf mehrerer Produkte die Gewinnchancen auf Goldbärenbarren zu erhöhen, entspreche jedoch nicht der Realität. Da sich im Zweifel alle Kunden derart verhalten würden, blieben die Gewinnchancen in Relation identisch. Eine derartige Einschätzung könnten Kinder jedoch nicht leisten, ihre Entscheidungsfreiheit werde daher einseitig und unzulässig ausgenutzt.

Der BGH hat diese Entscheidung mit Urteil vom 12.12.2013 nun aufgehoben. Entscheidendes Argument war hierbei, die Werbung richte sich nicht ausschließlich an Kinder, sondern vielmehr an die Endverbraucher insgesamt, also auch an Erwachsene. Maßgeblich seien das Entscheidungsverhalten und der Empfängerhorizont eines Durchschnittsverbrauchers. Zudem würden die Kosten der Gewinnspielteilnahme deutlich (beim Kauf ab fünf Produkten) und es werde keine unzutreffende Gewinnchance suggeriert. Weitere Verweise auf Regelungen des UWG verneinten einen hiesigen Verstoß.

Für die Werbewirtschaft zeigt sich in der BGH Rechtsprechung eine erfreuliche Tendenz: Regelungen zur Werbung mit Gewinn-/ Glücksspielen werden zunehmend liberalisiert und der konkrete Einzelfall ist stets individuell zu prüfen. Früher als Ausschlusskriterium angesehene aleatorische Reize spielen heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Firmen wie Haribo, die vornehmlich Kinder über Süßwaren ansprechen, dürfen zusätzlich aufatmen.

Stefan Kermas